DAS WICHTIGSTE ÜBER DIE VERSCHIEDENEN BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN BEI METASTASIERTEM BRUSTKREBS
Das Ziel Ihrer Behandlung ist es, Ihre Erkrankung in Schach zu halten und somit zu verhindern, dass sich der Krebs weiter ausbreitet. Die durch Metastasen verursachten Schmerzen sollen so weit wie möglich verringert werden, um eine bestmögliche Lebensqualität zu erhalten, ohne dass durch die Therapie selbst massive Beschwerden auftreten.
Metastasierter Brustkrebs wird überwiegend mit Medikamenten behandelt. Manchmal kommen auch Strahlentherapie und selten eine Operation zum Einsatz, wenn dadurch der Brustkrebs kontrolliert und die Symptome minimiert werden können. Bei den medikamentösen Behandlungsformen unterscheidet man zwischen Antihormontherapie, Chemotherapie und den sogenannten zielgerichteten Therapien.
Zusätzlich können Sie Medikamente erhalten, um bestimmte Symptome zu lindern.
In den letzten Jahrzehnten wurden grosse Fortschritte in der Therapie des Brustkrebses gemacht. Heute steht eine Vielzahl wirksamer Therapiemöglichkeiten für metastasierten Brustkrebs zur Verfügung. Im Folgenden wird jede dieser Formen vorgestellt.
ANTIHORMONTHERAPIE
Mit einer Antihormontherapie (auch endokrine Therapie oder Hormonentzugsbehandlung) wird Brustkrebs behandelt, der auf eine Hormonbehandlung anspricht («hormonsensitiv» ist), insbesondere auf Östrogen. Man nennt diesen häufigen Krebstyp auch Hormonrezeptor-positiv (HR+) oder «luminal».
Ziel der Antihormontherapie ist die Ausschaltung der Hormone, die das Krebswachstum anregen. Dabei hemmt sie entweder die Produktion dieser Hormone, oder blockiert die Hormonrezeptoren der Krebszellen, sodass die Hormone nicht mehr binden können. In beiden Fällen unterbleibt die Signalweiterleitung an die Krebszellen und diese werden nicht mehr zur Teilung angeregt.
Für die Behandlung von metastasiertem Brustkrebs steht eine Reihe verschiedener Antihormontherapien zur Verfügung. Viele können als Tablette eingenommen werden, andere werden als Spritze verabreicht. Welche Therapieform bei Ihrem hormonempfindlichen Brustkrebs angewendet wird, hängt davon ab, ob Sie sich vor oder nach der Menopause befinden, wie viel Zeit seit einer eventuellen Erstdiagnose vergangen ist und ob Sie bereits vor dem Auftreten von Metastasen eine Therapie erhalten haben.
Auch wenn Sie zu einem früheren Zeitpunkt bereits eine Antihormontherapie erhalten haben, können Sie jetzt wieder antihormonell behandelt werden. Die antihormonelle Behandlung wird heute üblicherweise in Kombination mit zielgerichteten Therapien verabreicht, sodass dadurch die Wirksamkeit der Behandlung deutlich verbessert werden kann.
CHEMOTHERAPIE
Diese Medikamente wirken zytostatisch, d.h., sie greifen in den Teilungszyklus der Krebszellen ein (aus dem griechischen, kytos = Zelle, statikos = zum Stehen bringen). Da sich Krebszellen besonders häufig in der Zellteilung befinden, hemmen Zytostatika vornehmlich das Wachstum von Tumoren. Gesunde, teilungsaktive Zellen werden durch diese Medikamente allerdings auch beeinflusst. Zu diesen Zellen gehören beispielsweise Immunzellen im Blut (weisse Blutkörperchen) oder auch die Zellen in den Haarwurzeln, wodurch typische Nebenwirkungen wie Haarausfall erklärt werden können.
Manche Chemotherapien können als Tablette zu Hause eingenommen werden. Andere werden im Krankenhaus als Infusion verabreicht. Eine Chemotherapieinfusion kann besonders belastend für Ihren Körper sein, planen Sie möglichst keine Termine für die ersten Tage danach ein.
Nicht für alle Formen des metastasierten Brustkrebses und alle Patient*innen ist eine Chemotherapie geeignet. Hier kommt es hauptsächlich auf den Krebstyp, den Grad des Organbefalls durch Metastasen und auf Ihren allgemeinen Gesundheitszustand an. Sofern es sich um eine Wiedererkrankung handelt, werden auch vorangegangene Behandlungen berücksichtigt.
Es ist auch wichtig zu wissen, dass es viele unterschiedliche Chemotherapien gibt. Wenn Sie eine Chemotherapie schlecht vertragen, kann Ihr Behandlungsteam die Dosis anpassen oder die Substanz wechseln.
ZIELGERICHTETE THERAPIE
«Zielgerichtet» bedeutet, dass Medikamente an Grundeigenschaften der Krebszellen (dazu gehören z. B. die unkontrollierte Zellteilung oder die Unsterblichkeit) ansetzen und damit die Vermehrung der Krebszellen verhindern oder diese sogar abtöten. Gesunde Körperzellen werden nicht oder nur in geringerem Ausmass als bei einer Chemotherapie in Mitleidenschaft gezogen.
Zu den bekanntesten zielgerichteten Therapien gehört die Anti-HER2-Therapie. Wenn Krebszellen sehr viele dieser Rezeptoren oder Andockstationen auf der Zelloberfläche tragen, kann man sie durch eine passende zielgerichtete Therapie (Antikörper, Tyrosinkinasehemmer, Antikörper-Chemotherapie-Konjugate) angreifen.
Bei Krebstypen, die nur wenige HER2-Rezeptoren haben, funktioniert diese Behandlung nicht. Daher muss zunächst bestimmt werden, welchen speziellen Brustkrebstyp Sie haben. Eine andere erfolgreiche Form der zielgerichteten Therapie sind die sogenannten CDK4/6-Hemmer, die die unkontrollierte Zellteilung blockieren. Sie werden in Kombination mit einer Antihormontherapie verabreicht.
Weitere erfolgreiche zielgerichtete Therapien sind Angiogenesehemmer, die eine Durchblutung des Tumors verhindern und ihn dadurch «aushungern» oder, falls das spezielle Immuneiweiss PD-L1 nachweisbar ist, eine Immuntherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren, welche die Immunantwort gegen den Tumor stimulieren.
Erblichem (familiären) Brustkrebs liegt eine genetische Mutation (Veränderung der Erbinformation) zugrunde. Zwei bekannte Gene sind BRCA1 und BRCA2, welche eine wichtige Rolle bei der DNA-Reparatur spielen. Das schnelle Wachstum der Krebszellen begünstigt eine hohe Fehlerrate bei der DNA-Herstellung. Bei Patienten mit einer BRCA Mutation (und damit einer eingeschränkten DNA-Reparaturfähigkeit) sind die Zellen besonders auf ein Protein namens PARP (Poly[Adenosindiphosphat-Ribose]-Polymerase) angewiesen, um DNA-Schäden zu beheben. Die Behandlung mit einem PARP-Inhibitor führt somit zu einer Anhäufung von DNA-Schäden, was ein Absterben der Krebszellen auslösen kann.
BESTRAHLUNG
Bei dieser Behandlung werden Krebszellen gezielt mit hochenergetischer Strahlung abgetötet. Häufig werden Knochenmetastasen bestrahlt, wenn diese Schmerzen in den Knochen verursachen oder ein Knochenbruch droht.
Meistens reicht bei metastasiertem Brustkrebs eine einzelne Bestrahlung oder eine kurze Abfolge von Bestrahlungen über einige Tage aus.
SUBSTANZEN ZUR KNOCHENSTÄRKUNG
Bisphosphonate oder Denosumab kommen zum Einsatz, wenn Knochenmetastasen gefunden wurden. Diese Medikamente können die Knochen stärken, den Knochenabbau und Schmerzen verringern und langfristig Brüche verhindern.
Die Therapie erfolgt meist intravenös oder subkutan, also als Injektion in die Vene oder unter die Haut. Über die zeitliche Anwendung wird Sie Ihr Arzt*Ihre Ärztin informieren.
Bei beiden Arten der Knochenschutztherapie ist zu bedenken, dass bei zahnärztlichen Eingriffen eine bakterielle Entzündung des Unterkieferknochens auftreten kann.
Informieren Sie also unbedingt Ihren Zahnarzt*Ihre Zahnärztin, wenn Sie Denosumab oder ein Bisphosphonat erhalten!
OPERATION
Operiert wird bei metastasiertem Brustkrebs nur selten. Tumore können operativ entfernt werden, wenn sie sehr gross geworden sind, die Funktion wichtiger Organe beeinträchtigen oder wenn man sich von der Operation eine deutliche Schmerzlinderung erhofft. Eine Operation wird immer durch Medikamente und/oder Bestrahlung ergänzt.
Behandlungsmöglichkeiten für bestimmte Krebstypen
HR+/HER2- (Hormonrezeptor-positiv und HER2-negativ)
Die bevorzugte Behandlung ist hier eine Antihormontherapie mit Tabletten oder Spritzen. Sie hat meist weniger Nebenwirkungen als eine Chemotherapie. Bei metastasiertem Brustkrebs wird sie oft mit zielgerichteten Therapien kombiniert, um die Wirksamkeit der antihormonellen Therapie zu steigern.
HER2+ (HER2-positiv)
Hier kommen hauptsächlich zielgerichtete Therapien wie Antikörper zum Einsatz, die meist mit einer Chemotherapie kombiniert werden. Auch eine Kombination mit antihormoneller Behandlung ist möglich, wenn sowohl Hormonrezeptoren als auch HER2-Rezeptoren vorhanden sind (HR+/HER2+). Weitere Therapieoptionen sind Tyrosinkinasehemmer oder Antikörper-Chemotherapie-Konjugate.
HR-/HER2- (Hormonrezeptor-negativ und HER2-negativ, manchmal auch triple-negativ genannt)
Bis vor kurzem stand zur Behandlung dieser Brustkrebsform nur die konventionelle Chemotherapie zur Verfügung. Heute werden üblicherweise weitere Merkmale bestimmt, um eine optimale Therapie zu gewährleisten.
Liegt eine Mutation in einem der beiden BRCA-Gene vor, kann die Erkrankung mit sogenannten PARP-Inhibitoren behandelt werden. Falls das Immuneiweiss PD-L1 nachweisbar ist, kann auch eine Immuntherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren angedacht werden.
Detaillierte Informationen zu den unterschiedlichen Krebstypen finden Sie unter Meine Diagnose.
In welchem Rhythmus und für wie lange werde ich eine Therapie erhalten?
Bei metastasiertem Brustkrebs erfolgt die Therapie ein Leben lang. Das ist wichtig, um den Krebs in Schach zu halten und Symptome der Metastasen zu lindern. Der Rhythmus der Therapie hängt von der Art der verwendeten Medikamente und manchmal von der Verträglichkeit ab. Die orale Einnahme erfolgt häufig ein- oder zweimal täglich, eine intravenösen oder intramuskuläre Verabreichung wird meist im Abstand von drei oder vier Wochen durchgeführt.
In regelmässigen Abständen werden Untersuchungen wie z. B. eine CT durchgeführt, um die Wirksamkeit der Behandlung zu überprüfen. Wenn der Krebs sehr gut unter Kontrolle ist, können Sie eventuell eine Behandlungspause einlegen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden Sie dann wieder Medikamente nehmen müssen.
Wie bereits gesagt: Es gibt nicht den EINEN «besten» Therapieplan, um metastasierten Brustkrebs zu behandeln. Jede Lebenssituation und jeder Krebs sind verschieden.
Es ist völlig verständlich, dass man eine Therapie abbrechen möchte, sobald man sich besser fühlt oder – ganz im Gegenteil – wenn man sich mit den Begleiterscheinungen einer Therapie quält. Trotzdem ist es ungemein wichtig, eine einmal angefangene Therapie fortzusetzen, wenn sie Wirkung zeigt.
Besprechen Sie sich unbedingt mit Ihrem Behandlungsteam, wenn Sie unsicher sind, ob Sie die Therapie weiterführen wollen.
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